- Nevali Çori
- Nevali Çori[-tʃo-], Ruinenstätte in der Südosttürkei, ursprünglich im Seitental des Euphrat gelegen, 60 km nordöstlich von Şanlɪurfa, seit 1992 vom Atatürk-Stausee überflutet; ausgegraben 1983, 1985-87 und 1989-91 (Harald Hauptmann). Unter je einem Siedlungshorizont der Frühbronzezeit mit Nekropole (3000 v. Chr.) und der chalkolithischen Tell-Halaf-Kultur (2. Hälfte 6. Jahrtausend v. Chr.) stießen die Ausgräber auf fünf Schichten des akeramischen (nichtkeramischen) Neolithikums B (Schicht V: etwa 8300-8200). Die aus Stein in Lehmverband errichteten Langrechteckhäuser besitzen einen größeren, eng gekammerten Magazin- und einen kleineren Wohnteil. Das flache Dach wurde bei einigen Bauten durch Pfosten vor den Längsseiten gestützt. In den Häusern sind Hocker- und Teilbestattungen nachzuweisen, es wurden auch gesondert Schädel niedergelegt. Herdstellen liegen außerhalb der Häuser. Ein Wohnhaus in Schicht III diente als Werkstatt zur Herstellung von Steingeräten aus Feuerstein. Die Bewohner lebten von entwickeltem Ackerbau und Sammeln von Wildfrüchten, aber auch von der Jagd und Haustierhaltung (Schaf, Ziege und Rind). Wie im fortgeschrittenen akeramischen Neolithikum B (wie Jericho) kommen aus Stein geschliffene Beile, Keulen, Perlen und Armreifen vor, ferner weibliche und männliche Figuren aus getrocknetem Lehm und gebranntem Ton. Von der entwickelten Technologie zeugt eine Kupferperle, die einen ersten Hinweis auf Schmelzverfahren gibt. Am Westrand der Siedlung konnten in den Schichten V-III drei aufeinander folgende quadratische Gebäude von 188 beziehungsweise 155 m2 ausgegraben werden (mit Terrazzoboden, Steinbänken, skulptierten Pfeilern und Skulpturen von männlichen Kultstatuen, Vögeln und Mischwesen), die als älteste Sakralbauten in Vorderasien gelten können.
Universal-Lexikon. 2012.